Freitag, 8. November 2013

The Naked And Famous - Konzert - Berlin - 07.11.2013

Man steht morgens auf, geht zur Arbeit, ergibt sich dem mehr oder minder gleichen Trott, der einem dort begegnet und ist froh, wenn man am Ende des Arbeitstages noch genug Energie hat, um wenigstens am Abend seiner Seele etwas Gutes zu tun. Man schleift sich an einen Ort, der spirituell möglichst weit weg von Arbeit und zu Hause ist und wehrt sich den Weg über gegen das Gefühl, dass man ja eigentlich gar keine richtige Lust hat. Wehrt man sich genug, so hat man das Glück, dass alle Grübeleien, Unbehaglichkeiten, Befindlichkeitsstörungen auf dem Weg zu diesem Ort verloren gehen und man einfach nur ist.
Am gestrigen Abend hatte ich dieses Glück.

The Naked And Famous waren seit 2 Jahren mal wieder zu Gast in der Hauptstadt und spielten im ausverkauften Kesselhaus eines von insgesamt 3 Deutschlandkonzerten im Rahmen ihrer UK/Europe Tour. Für mich war es das erste Mal im Kesselhaus und ich war total begeistert von der beeindruckenden Location. Als Teil der Kulturbrauerei war der Saal tatsächlich einmal ein Kesselhaus (Überraschung!) und hat bis heute diesen schroffen Industriebau-Charakter behalten. Die Luft war so gut, wie ich sie schon lange nicht mehr auf einem Konzert erlebt hatte. Es war weder zu kalt noch zu warm. Erst am Ende wurde das Manko der Location sichtbar. Doch dazu später mehr.


Zunächst gab es erst einmal ein Getränk an der Bar und einen gepflegten Plausch unter Konzertbuddys, während im Hintergrund schon die Vorband "Anna F" dudelte. "Anna F" ist die österreichische Sängerin Anna und ihre Band. Optisch irgendwas zwischen Alanis Morissette und Norah Jones, musikalisch noch nicht ganz auf dessen Niveau, aber durchaus eine solide Darbietung, die perfekt als Einstimmung auf den Hauptact auswählt wurde.

Nach einer kurzweiligen Umbauphase ging es dann auch schon los. Das Publikum war sofort da. Und mit "da" meine ich, da, wo wir standen. - Zugegeben unsere Position in der Nähe der Bar, war vielleicht nicht optimal gewählt. Ständiges Durchdrängen und ein paar Tropfen verschüttetes Bier hier und da... aber überraschenderweise: Es juckte mich überhaupt nicht. Auch die obligatorischen Handy-Filmer und die Ungünstig-Steher störten mich nicht. So lange The Naked And Famous spielten, fühlte ich mich, wie in eine Wolke aus Zuckerwatte eingehüllt und mir konnte echt keiner was. Eine ganze Stunde war mein Körper nur mit Tanzen, Lächeln und Trinken beschäftigt. Kein Platz für schlechte Laune. Ich hätte einfach jeden umarmen können. Bis die Bühne plötzlich dunkel wurde und meine Zuckerwatte langsam zusammenfiel...

Was? Wie? Warum? Wie spät haben wir's denn? - Eine Stunde war erst rum. Aber das kann es ja nun wirklich nicht gewesen sein!!! Stimmt. Für ganze 2 Songs betraten The Naked And Famous erneut die Bühne. "Young Blood" hoben sie sich natürlich für das große Finale auf. Der wohl einzige Song der kein Konfetti-Regen für den großen Auftritt braucht, sondern selbst schon der Konfetti-Regen ist! Die Endorphin-Bombe, deren Lunte schon den ganzen Abend über brannte, explodierte! Und so war man irgendwie auch gar nicht böse, dass nach noch nicht einmal 1,5 Stunden der ganze Zauber schon vorbei war. 
Noch mehr Glückshormone und wir hätten uns alle nackt ausgezogen!

Ich bin der Meinung, ich habe mich noch nie im Leben von Musik so umarmt gefühlt.
Und genau dieses Gefühl rettete mich am Ende des Abends vor einem klaustrophobischen Anfall. Hunderte von Menschen quetschten sich durch eine 2 Meter breite Tür, verteilen sich dann auf einer 1 Meter breiten Minitreppe, um sich dann, im Miniflur angekommen, wieder durch die nächste Tür zu quetschen und sich anschließend in einem völlig überfüllten Raum um ihre Jacken zu prügeln. Ein Albtraum. Echt!
Ich zückte meine Kopfhörer und hörte so laut es ging nochmal die Band, die mir vor noch nicht einmal 10 Minuten mein Endorphin-Hoch bescherte. Ich wollte meine Zuckerwatte zurück! Oder zumindest noch retten, was von ihr übrig war. Ich war noch nicht bereit für die Welt da draußen.

Nach 30 Minuten Schlange stehen verließ ich mit meiner Jacke in der Hand das Kesselhaus.
Ich würde jetzt gerne sagen, dass es mir gelang bis nach Hause alle Glückshormone zu konservieren. Aber Glück kommt nun mal nie um zu bleiben. Aber es geht auch nur, weil es schon bald wieder kommt.

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