Donnerstag, 4. Dezember 2014

Sam Smith - Konzert - Berlin - 01.12.2014

Wenn man sich verliebt, dann sollte dies eine sehr unbeschwerte und glückliche Zeit im Leben sein. Vorausgesetzt man verliebt sich in eine Person, die einen auch zurück liebt. Andernfalls verliert man etwas, bevor es überhaupt eine Chance hatte zu wachsen. Man muss den glimmenden Funken in sich selbst ersticken, obwohl er doch die ganze Zeit von schönen Gedanken und Hoffnungen angefeuert wird. Einseitige Liebe ist herzzerreißend, quälend und nur schwer zu verarbeiten.
Doch schon so manche Verarbeitung unerwiderter Liebe bescherte der Musikwelt große Herzschmerz-Balladen ("I Will Always Love You" von Whitney Houston) oder auch ganze Liebeskummer-Alben ("21" von Adele).
Am vergangenen Montag brachte Sam Smith seine Version akustischer Liebeskummer-Therapie ins Astra Kulturhaus. Mit satten 13 Tagen Verspätung...

Als wir am 18.11.2014 schnellstmöglich vom Sport ins Astra Kulturhaus hetzten, war uns schon ein bisschen komisch zumute, da das komplette RAW-Gelände viel zu verlassen wirkte. Zwei Gestalten riefen uns aus der Dunkelheit zu: "Wollt ihr zum Sam Smith-Konzert?", und bewegten sich langsam schlendernd auf uns zu. "Ja?!", formulierten wir mehr als Frage als als Aussage. Und noch bevor ich hinterher schieben konnte, dass wir keine Karten mehr gebrauchen konnten, informierten uns die zwei nun erkennbaren Mädels darüber, dass das Konzert leider verschoben wurde. Als Beleg drückten sie uns noch einen Flyer in die Hand, was es für Rebecca und mich im ersten Moment nicht glaubwürdiger machte. Wir brauchten einen Moment... Wie konnte es denn sein, dass in Zeiten digitaler Medien, Social Networks etc. etwas auf diese Art und so kurzfristig kommuniziert wurde? So hatten wir uns "In The Lonely Hour" nicht vorgestellt. Anyway... Auf Sam Smith warteten wir am 18.11. vergeblich.

Fast genau zwei Wochen später, gleicher Ort, aber 10 Grad kälter, war der Eingang zum Therapie-Zentrum "Sam Smith" endlich geöffnet. Wir und gefühlte 200 Pärchen strömten ins Warme, wo zunächst die Vorgruppe "Years and Years" im Hintergrund dudelte.

Ich sag es frei heraus: Sam Smith war bei meiner Sympathie-Skala durch die "Ich-lass-euch-mal-noch-2-Wochen-warten"-Nummer zu diesem Zeitpunkt bei circa - 5 angelangt. Ich würde es ihm richtig schwer machen, dachte ich mir. Ich würde erstmal ein bisschen mit dem Kopf im Takt wippen. Eventuell würde meine Hüfte auch ein bisschen mitgehen. Applaus? Applaus gäbe es vielleicht ab dem dritten Song. Eher nicht. So leicht kriegt er mich nicht.

Naja, und dann betrat er die Bühne und... ach,...  He got me at first note! Und mit diesem Lächeln!
Sam Smith hat eine Stimme, wie ich sie vielleicht noch nie live gehört habe. Eine Stimme, die zart und verletzlich klingt und dich im nächsten Moment sehr kraftvoll und stark genauso mitten ins Herz trifft. Eine Stimme, die locker Stadien voller Menschen berühren könnte. Und dennoch war er mit vergleichsweise wenigen Menschen in diesem kleinen Kulturhaus.
Sam Smith verglich diesen Ort übrigens, ebenso wie ich, mit einer Veranstaltungsstätte in seinem Heimatort. Ob "amazing" allerdings das richtige Wort für das Astra ist, bezweifle ich stark.

An seinem letzten Tour-Tag wollte es Sam Smith nochmal richtig krachen lassen. Es ging ihm gut. Das sah man ihm an. Immer wieder blickte er lächelnd im Publikum umher. Ließ sich von der Menge regelrecht feiern und genoss den Applaus (den es übrigens auch von mir gab), während er sich überaus sophisticated an seinem Revers festhielt. Wäre Beyoncè ein Mann, sie hätte es nicht besser getan.

Seine Diva-Qualität stellte Smith nicht nur bei seinen eigenen Songs unter Beweis, sondern auch bei einem Cover des Songs "How Will I Know" von Whitney Houston.

Zwischen seinen Balladen und den wenigen Up-Tempo-Songs kam Sam Smith immer wieder ins plaudern. Er erzählte vor fast jedem Song etwas über dessen Entstehungsgeschichte. Etwa von seiner unerwiderten Liebe zu einem anderen Mann, oder auch von Zeiten, in denen er an sich und seiner Musik zweifelte. Diese kleinen Anekdoten schufen eine so persönliche Atmosphäre, dass man das Gefühl nicht loswurde, sofort auf die Bühne stürmen zu wollen und diesen Mann durch zu knuddeln.

Sam Smith zeigt mir seinem Album "In The Lonely Hour" und mit der gleichnamigen Tour, dass aus vermeintlich negativen Erfahrungen nicht nur manchmal, sondern sogar oft (und mein Wunschdenken will sogar sagen IMMER) etwas Wundervolles entstehen kann. Die glimmenden Funken muss man eben gar nicht ersticken. Sie werden ihr Feuer schon noch entfachen.
...nur eben an anderen Orten als man denkt.

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